In der Artikelserie Mythos Stadthalle beleuchtet kac.at bis zum Bezug der Heidi Horten-Arena im Herbst 2022 die reichhaltige Geschichte jener Spielstätte, die der KAC bzw. EC-KAC mehr als sechs Jahrzehnte lang seine Heimat nennen konnte. Im wöchentlichen Abstand werden 63 Schlaglichter auf die 63 Stadthalle-Saisonen der Rotjacken geworfen: Große Triumphe und bittere Niederlagen, denkwürdige Spiele und Persönlichkeiten – jeweils eine Anekdote pro Spielzeit.
Das halbe Dutzend im Nebel
27.09.1994 / Klagenfurter AC – EC VSV (Spielabbruch)
Die Saison 1994/95 brachte einige Neuerungen im Spielbetrieb: Anstelle der Alpenliga wurde der Europäische Ligacup (mit Klubs aus Österreich, Italien, Slowenien, Frankreich, Dänemark und den Niederlanden) ausgetragen – und zwar von September bis Dezember parallel zur heimischen Bundesliga, die zudem von vier auf zehn Teams erweitert wurde. Das erste Kärntner Derby dieser Spielzeit war für den 27. September 1994 in Klagenfurt angesetzt und erlebte einen groß aufspielenden KAC: Villach ging knapp vor Hälfte des ersten Abschnitts durch Gerald Ressmann in Führung, zwischen der 13. und der 25. Minute antworteten die Rotjacken allerdings mit einem halben Dutzend an Treffern. Allerdings hagelte es nicht nur Tore, sondern auch Strafen: Zur Schlusssirene des ersten Durchgangs entwickelte sich eine mehrminütige Massenschlägerei, an deren Entstehung die zu diesem Zeitpunkt bereits mit 1:4 im Hintertreffen liegenden Gäste einen größeren Anteil hatten. Zum Gaudium der mehr als 5.000 Zuschauer in der Stadthalle untermalte der DJ die Szenen am Eis mit Rainhard Fendrichs „Es tuat so weh, wenn ma verliert“. Als früh im zweiten Abschnitt Alexander Czechner auf 5:1 erhöhte, wurde er beim Torjubel per Crosscheck so zu Boden gestreckt, dass Übeltäter Engelbert Linder eine der insgesamt sieben Match- oder Spieldauerdisziplinarstrafen in dieser Partie (fünf davon gegen die Draustädter) ausfasste. James Burton erhöhte das Score weiter, dann wurde der KAC am Weg zum Kantersieg jedoch gestoppt – allerdings nicht vom Gegner: Die hohen Außentemperaturen und die der Stadthalle damals noch fehlende Entfeuchtungsanlage waren die Hauptgründe für zunehmende Nebelbildung über der Eisfläche. Die sich rapide verschlechternden Sichtverhältnisse für die Spieler gingen mit steigender Verletzungsgefahr einher, in Minute 32 entschied sich Schiedsrichter Werner Pammer aus der Steiermark dazu, die Begegnung abzubrechen. Als man sich exakt fünf Wochen später zur Neuaustragung traf, verlief die Konfrontation deutlich gesitteter und ausgeglichener: Drei rot-weiße Treffer in den finalen fünf Minuten der Partie sorgten letztlich für ein 5:5-Remis.
Ein russisches Luftschloss
19.03.1996 / EC-KAC – VEU Feldkirch (7:4)
Auf den überraschenden Meistertitel von 1991 folgten für den KAC vier sportlich insgesamt magere Jahre ohne Finalteilnahme, ergänzt um eine Reihe nicht gänzlich glücklicher Entscheidungen strategischer und personeller Natur ergab sich für den Klub zudem eine wirtschaftliche Schieflage. Diese resultierte einerseits in der Lösung der Eishockeysektion aus dem Gesamtverein (am 12. Dezember 1995 wurde der EC-KAC gegründet) und andererseits in der retrospektiv betrachtet fragwürdigen Zusammenarbeit mit einem Investor (in Person des russischen Geschäftsmanns Aleksandr Omatov). Bevor sich dessen Engagement im Großen und Ganzen als Luftschloss erwies, schlug es sich bereits in der rot-weißen Kaderplanung nieder: Erstmals seit mehr als 18 Jahren trugen wieder russische Spieler das Trikot der Rotjacken, zum Trio Dmitri Gogolev, Sergei Zolotov und Igor Ivanov am Eis gesellte sich auf der Bank Head Coach Sergei Kotov, der jedoch bereits Mitte November wieder Geschichte war. Auf die Leistungen der Mannschaft hatten die veritablen Turbulenzen im Klub indes kaum negative Auswirkungen: Der EC-KAC gewann seine Gruppe in der Alpenliga souverän, das auf eigenem Eis ausgetragene Finalturnier wurde jedoch aufgrund des überraschenden Ausscheidens im Halbfinale gegen den CE Wien zu einem weiteren „finanziellen Bauchfleck“. In der heimischen Bundesliga mussten sich die Rotjacken im Verlauf der ersten 16 Runden nur (zwei Mal) der VEU Feldkirch geschlagen geben, letztlich ging man als Zweitplatzierter in die Playoffs. Dort übersprang der Rekordmeister die Hürden Graz (2:0 in Spielen) sowie Villach (3:1) und zog damit erstmals seit fünf Jahren wieder in eine Endspielserie ein. Diese begann mit einer hauchdünnen 1:2-Auswärtsniederlage, ehe der EC-KAC den großen Favoriten aus Vorarlberg, der bis dahin nur zwei seiner 44 Ligaspiele in regulärer Spielzeit verloren hatte, am 19. März 1996 zum zweiten Finalspiel empfing. In der mit 5.500 Fans ausverkauften Stadthalle entwickelte sich ein packendes, ausgeglichenes Spiel, das die Rotjacken letztlich mit einem famosen Finish zu ihren Gunsten entscheiden konnten: Dieter Kalt verwandelte in der 54. Minute einen Penalty Shot zum 4:4-Ausgleich, Andreas Puschnig (56.), Mario Schaden (58.) und Altmeister Thomas Cijan (59.) – mit seinem 343. Bewerbsspieltreffer für seinen Stammklub – sorgten für einen umjubelten 7:4-Erfolg. Dieser sollte allerdings der einzige KAC-Sieg in dieser Finalserie bleiben, Spiel drei und vier entschied die VEU jeweils bereits im ersten Drittel zu ihren Gunsten, Feldkirch holte sich sein drittes Championat in Folge.
Frühes Ende der zweiten Puschnig-Generation
21.03.1997 / EC-KAC – VEU Feldkirch (2:1 n.V.)
Mit Eigenbauspieler Dieter Kalt, in der vorangegangenen Saison mit 40 Treffern bester Bewerbsspiel-Torjäger im Kader, verlor der EC-KAC in der Übertrittszeit 1996 einen hoch veranlagten, noch in einem Frühstadium seiner großen Laufbahn stehenden Akteur. Ersetzt wurde er mit einem Spieler ähnlichen Zuschnitts, dem aus Kapfenberg geholten Christoph Brandner, der sieben Jahre später zu Österreichs erstem NHL-Torschützen avancieren sollte. Die Alpenliga erlebte 1996/97 die längste Spielzeit ihrer Geschichte, nach den 40 Grunddurchgangsrunden platzierten sich die Rotjacken auf dem vierten Rang, im Halbfinal-Turnier scheiterten sie nur äußerst knapp (mit 1:2) an der VEU Feldkirch. Schon drei Wochen zuvor hatte sich der Klub einmal mehr von einem Trainer getrennt: Die Ablöse von Christopher Reynolds durch Herbert Pöck, der in seine dritte und letzte Amtszeit als Head Coach seines Heimatklubs ging, war im Januar 1997 der bereits zehnte Trainerwechsel beim EC-KAC seit dem Ende der Gilligan-Ära im Sommer 1988. Die Bundesliga bestand in dieser Saison nur aus zwei Playoff-Runden, in denen – erstmals in der österreichischen Eishockeyhistorie – im Format „Best-of-Seven“ gespielt wurde. Die Klagenfurter bekamen es im Semifinale mit dem EC VSV zu tun und lieferten sich mit dem Lokalrivalen eine durchaus denkwürdige Serie. Seinen Stempel drückte diesem Duell, das nach sechs Begegnungen an Rot-Weiß ging, Neuverpflichtung Dmitri Kvartalnov auf, der erst am Tag von Halbfinalspiel eins erstmals mit seinem neuen Team am Eis stand. Weil der EC-KAC während der Serie auch Igor Chibirev verpflichtete, tauchten in der ersten Drittelpause von Spiel fünf in Villach gar Beamte des Arbeitsinspektorats in der Kabine auf, wo sie die Papiere der beiden Rotjacken-Legionäre überprüfen und die beiden Spieler verhören wollten. Kvartalnov revanchierte sich auf seine Art und entschied das Halbfinale in der Verlängerung der sechsten Auflage für die Klagenfurter, die damit erneut im Finale gegen Feldkirch standen. Das erste Endspiel wurde zu einer ebenso klaren Angelegenheit für die Vorarlberger (10:2) wie das zweite für die Kärntner (9:4), nach einem knappen 2:3 im Westen stand der Rekordmeister im vierten Duell auf eigenem Eis unter Druck – und hielt diesem Stand: In der bis auf den letzten Platz gefüllten Stadthalle galt der größte Applaus des Publikums zwei Eigengewächsen. Goalie Michael Puschacher brillierte, war nur ein Mal zu bezwingen, und Andreas Puschnig glich knapp vor Halbzeit die VEU-Führung aus, um in der dritten Minute der Verlängerung auch zum KAC-Sieg und Seriengleichstand einzusenden. Es sollte der 177. und letzte Bewerbsspieltreffer des damals 24-Jährigen für seinen Stammverein sein, die Klagenfurter unterlagen in den Finalspielen fünf (1:6) und sechs (1:4) klar und mussten sich erneut mit der Vizemeisterschaft begnügen.
Doppelte Finalniederlage
04.01.1998 / EC-KAC – EC VSV (5:2)
Die größten Schlagzeilen des Sommers 1997 produzierten die Wechsel von Andreas Puschnig und Gerald Ressmann zum jeweiligen Lokalrivalen, eine weitere einschneidende Veränderung war das endgültige Karriereende von Thomas Cijan. Der Eigenbauspieler hatte 18 seiner 21 Profisaisonen für den Rekordmeister bestritten und dabei alleine in Ligaspielen insgesamt 319 Mal angeschrieben, 66 weitere Treffer gelangen ihm in seinen drei Jahren bei Zell am See und Graz. Ohne ihre direkt in die Position des Klubmanagers gewechselte Legende wartete die nach Anzahl an Spielen (72 inklusive Freundschaftsspiele) bis dahin längste Saison der Vereinsgeschichte auf die Rotjacken. In der ohne italienische Beteiligung ausgetragenen Alpenliga erreichte der EC-KAC erstmals das Finale, scheiterte dort jedoch erneut knapp an der VEU Feldkirch. Gut drei Monate später standen sich die beiden Teams auch in der Endspielserie der Bundesliga gegenüber, die erneut die Vorarlberger für sich entscheiden konnten (nachdem sie dazwischen noch den vielbeachteten Triumph in der European Hockey League eingefahren hatten). Den Tiefpunkt der Saison bildeten aus rot-weißer Sicht jedoch nicht die beiden Finalniederlagen gegen die VEU: Im Auswärtsspiel in Kapfenberg am 28. Dezember 1997 stießen Christian Sintschnig und Alexander Beneš so zusammen, dass sich der KSV-Stürmer schwer verletzte und seitdem querschnittsgelähmt im Rollstuhl sitzt. Sportlich in den Vordergrund spielten sich beim EC-KAC in der Spielzeit 1997/98 die Neuzugänge David Emma sowie Jarno Peltonen – und natürlich, in seiner ersten vollen Saison beim Klub, Dmitri Kvartalnov. Der russische Torjäger erwies sich insbesondere in Duellen mit Villach als sehr treffsicher: Beim 5:2-Heimsieg gegen den EC VSV am 4. Januar 1998 verbuchte er seinen bereits zweiten Derby-Hattrick, insgesamt gelangen dem Goalgetter in seinen 28 Einsätzen gegen die Adler zwischen Februar 1996 und März 1999 satte 30 Tore, kein Legionär in der KAC-Geschichte traf gegen die Draustädter häufiger.
NHL-Gastspiel in der Stadthalle
16.09.1998 / EC-KAC – Buffalo Sabres (1:5)
Die Saison 1998/99 brachte das Ende der Dominanz der VEU Feldkirch, die fünf österreichische Titel am Stück eingefahren hatte. Zwar konnten sich die Vorarlberger im Januar noch einmal die Alpenliga-Krone sichern, auf nationaler Ebene verschoben sich die Machtverhältnisse jedoch wieder klar in Richtung Kärnten, wo sowohl der EC-KAC als auch der EC VSV prominent besetzte, spielerisch starke Teams stellten. Allerdings hatten in diesem bundeslandinternen Wettstreit nahezu das gesamte Jahr über die Adler die Nase leicht vorne, sie siegten in neun der zwölf Saisonderbys und kürten sich in der zweiten rein-kärntnerischen Finalserie in Österreichs Eishockeygeschichte auch zum insgesamt vierten Mal zum Champion. Das sportliche Highlight der Saison aus Rotjacken-Sicht war freilich weder ein Alpen- noch ein Bundesligaspiel: Im Rahmen der sogenannten NHL Challenge empfing man am 16. September 1998 die Buffalo Sabres, die knapp vier Monate zuvor im Kampf um den Stanley Cup erst im Halbfinale gescheitert waren. Die berühmteste Trophäe der Eishockeywelt hatten die US-Amerikaner dennoch mit nach Kärnten gebracht, sie war während des mehrtägigen Aufenthalts des Teams am Messegelände ausgestellt. Der große Star Buffalos war Torhüterikone Dominik Hašek, der in vier der fünf vorangegangenen Spielzeiten mit der Vezina Trophy für den besten Goalie der NHL ausgezeichnet worden war. Schon dem Showtraining der Sabres wohnten hunderte Schaulustige bei, zum Duell mit den Rotjacken kamen schließlich knapp über 5.000 Fans in die Stadthalle, viele davon auch aus Tschechien, der Heimat Hašeks. Der Schlussmann musste in der achten Spielminute sogar den Führungstreffer des EC-KAC hinnehmen: Einen Kvartalnov-Schuss konnte er noch parieren, der im Sommer als zweifacher DEL-Meister mit Mannheim in seine Heimatstadt zurückgekehrte Dieter Kalt verwertete jedoch den Rebound. Die NHL-Profis drehten in der Folge erwartungsgemäß das Score, außer Frage stand ihr Erfolg jedoch erst in Minute 49, als Kapitän Michael Peca auf 1:4 stellte. Letztlich siegte Buffalo mit 5:1, wobei Dixon Ward (Doppelpack), Michal Grošek und Paul Kruse für die übrigen Treffer verantwortlich zeichneten. Dass an diesen Septembertagen des Jahres 1998 der Hauch der großen Eishockeywelt durch Klagenfurt wehte, lag nicht nur am Sportlichen, wurde das Spiel doch – soweit es die Infrastruktur in Klagenfurt zuließ – wie eine NHL-Partie aufgezogen: Eröffnet wurde das Spektakel von der kanadischen und der US-amerikanischen Hymne, gespielt wurde nach den NHL-Regeln, auf deren Einhaltung das ebenfalls aus der besten Liga der Welt eingeflogene Schiedsrichtertrio unter der Führung von Stephen Walkom achtete. Das Gastspiel der Buffalo Sabres ging als eine der denkwürdigsten jemals in der Stadthalle ausgetragenen Partien in die Klagenfurter Eishockeyhistorie ein.