Das historische Verbindungsglied zwischen dem EC-KAC und zwei seiner heurigen CHL-Gegner bildet der heute weitestgehend unbekannte Wolfgang Gosnik, dessen Laufbahn in Österreich und der Schweiz kac.at hier skizziert.

Wenn der EC-KAC in der Vorrunde der Champions Hockey League heuer die Schweizer Teams von Fribourg-Gottéron (12. September) und ZSC Lions Zurich (16. Oktober) in Klagenfurt empfängt, dann kennen wohl nur die wenigsten Eishockeyinteressierten das Verbindungsglied zwischen diesen drei Klubs. Es handelt sich dabei um den KAC-Eigenbauspieler Wolfgang Gosnik, der in den Jahren rund um den Zweiten Weltkrieg für die Rotjacken stürmte und später als Trainer bei beiden Schweizer Klubs arbeitete.

Am Eis und Rasen für den KAC

Wolfgang Gosnik wurde am 23. August 1919 als uneheliches Kind in Klagenfurt geboren, seine Mutter war slowenischer Abstammung, ihre Familie war in der Nähe von Slovenj Gradec beheimatet. Der sportliche Spross schloss sich bereits im Teenager-Alter dem Klagenfurter Athletiksport-Club an, in dessen Eishockey-Nachwuchsmannschaft er im Januar 1935 debütierte. Über die rot-weiße Zweitmannschaft schaffte der Stürmer bald den Sprung in die Kampfmannschaft, in der er am 27. Dezember 1936 im Freundschaftsspiel gegen den SK Králove Pole Brno aus der Tschechoslowakei erstmals auflief. Begünstigt wurde sein Aufrücken in die erste Auswahl vom intensiven Spielprogramm der Saison 1936/37 und dem entsprechend groß gestalteten Kader: Weil die Spielzeit sowohl von einer Auslandstournee (durch Orte mit Kunsteisbahnen) eröffnet wie auch beschlossen wurde, kam der KAC in diesem Spieljahr auf ganze 30 Partien – erst in der ersten Stadthallen-Saison 1959/60 bestritten die Rotjacken wieder mehr Begegnungen als in diesem Winter.

Als Stammspieler etablierte sich Gosnik in der folgenden Spielzeit 1937/38, in dem er meist an der Seite von Heinrich Rascher und dem hoch veranlagten, erst 16-jährigen Karl Prommer in der zweiten Angriffsformation stürmte. Auf seinen ersten Treffer in einem Bewerbsspiel musste der eisläuferisch herausragende Offensivakteur allerdings noch ein gutes Jahr lang warten: Erst als der KAC nach dem Anschluss Österreichs an der Deutschen Meisterschaft teilnahm, trat Wolfgang Gosnik (am 26. Dezember 1938 im Vorrunden-Heimspiel gegen den Wiener EV) erstmals als Torschütze in Erscheinung. Die aufstrebende Eishockeykarriere wurde von einer nicht minder vielversprechenden Laufbahn am grünen Rasen ergänzt: Als KAC-Kicker spielte er 1937/38 in der letzten noch ausgetragenen österreichischen Amateurstaatsmeisterschaft, über Jahre war der auch im Fußball als Flügelstürmer Eingesetzte regelmäßiger Torschütze der Klagenfurter.

Führungsspieler der ersten Nachkriegsmannschaft

Die Recherchen über Wolfgang Gosniks Werdegang in den Jahren des Zweiten Weltkriegs müssen aktuell noch als nicht abgeschlossen betrachtet werden, fest steht aber, dass er als Soldat in der Deutschen Wehrmacht diente und anders als einige seiner Vereinskollegen beim KAC nicht die Möglichkeit hatte, während Urlauben oder in Folge von Versetzungen weiterhin für die Athletiker dem Puck oder Fußball nachzujagen: Ein Torerfolg im Spiel gegen den TSV Weißwasser im Februar 1941 bildete seinen letzten zweifellos nachweisbaren Einsatz im rot-weißen Trikot bis Kriegsende.

Als am von Bombenbeschädigungen verschont gebliebenen KAC-Platz in der Glangasse im Winter 1945/46 wieder im neu errichteten Österreich Eishockey gespielt wurde, war Wolfgang Gosnik eine der Stützen der auch kriegsbedingt neu formierten Klagenfurter Mannschaft: Er stürmte im ersten Angriff an der Seite von Max Schneider und dem damals erst 18-jährigen Gerhard Springer, der in dieser Saison seine große Karriere startete. Auch im folgenden Spieljahr, dem ersten, in dem jemals eine gesamtösterreichische Meisterschaft ausgetragen wurde, war Gosnik, von Beruf Schriftsetzer, Stammspieler. Von 1946 bis 1950 erzielte er insgesamt 17 Staatsliga-Treffer für die Rotjacken, nur drei KAC-Cracks (Johann Wagner, Gerhard Springer und Reinhold Egger) schrieben in diesem Zeitraum öfter an.

Abstecher nach Villach und Auswanderung

Fünf Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erlebte das Klagenfurter Eishockey seinen Tiefpunkt der sonst so großen Klubgeschichte: Keine zehn ausgebildeten Spieler standen mehr zur Verfügung, der milde Winter 1950/51 limitierte die Saison auf lediglich acht ausgetragene Partien. Auch Wolfgang Gosnik hatte das KAC-Trikot abgelegt: Gemeinsam mit Max Schneider wechselte er zum Villacher SV, im Gegensatz zu seinem langjährigen Teamkollegen sollte er jedoch nie wieder zu den Klagenfurtern zurückkehren.

Nach zwei Saisonen in der Draustadt – Gosnik war sportlich weiterhin zweigleisig unterwegs und stand als VSV-Fußballer auch im Alter von 32 Jahren noch in der Kärntner Landesauswahl – ergab sich für den Stürmer die Gelegenheit, seinen Lebensmittelpunkt in die Schweiz zu verlagern: 1952/53 verstärkte er den Drittligisten HC Gottéron. Beim Klub aus Fribourg gehörte der Klagenfurter schnell zu den prägendsten Akteuren, nicht zuletzt dank seiner Tore – darunter deren drei beim 12:2-Sieg im entscheidenden Relegationsspiel gegen Thalwil – wurde der Aufstieg in die zweithöchste Spielklasse geschafft.

Wolfgang Gosnik im Trikot des HC Gottéron im Jahr 1953Wolfgang Gosnik im Trikot des HC Gottéron im Jahr 1953

Spieler, Spielertrainer, Trainer

In der Zweitligasaison 1953/54, der ersten in Gottérons Vereinshistorie, wurde Wolfgang Gosnik als Spielertrainer eingesetzt. Diese Rolle erfüllte er ebenso erfolgreich, souverän wurde der Klassenerhalt geschafft und damit der Grundstein für Fribourgs langfristige Entwicklung gelegt: Der Klub sollte bis 1976 durchgehend in der Nationalliga B beheimatet sein, einem zweijährigen Drittliga-Intermezzo folgte der weitere Aufschwung in Form des 1980 geschafften Aufstiegs in die höchste Spielklasse der Schweiz, der man seither ununterbrochen angehört.

Wie zuvor in Villach brach Gosnik seine Zelte jedoch auch in der französischen Schweiz nach zwei Jahren ab, aus beruflichen Gründen wechselte er im Sommer 1954 zum Zweitliga-Konkurrenten Rot-Blau aus Bern, wo der Stürmer seine aktive Karriere ausklingen ließ. Wenige Jahre und einen weiteren jobbedingten Wohnortwechsel später schlug der Klagenfurter endgültig die Trainerlaufbahn ein: Er schloss sich dem großen Zürcher Schlittschuhclub (den heutigen ZSC Lions) an, wo ihn die Funktion als Head Coach der dritten Mannschaft am Neujahrstag 1960 (für ein internationales Freundschaftsspiel gegen den Villacher SV) zurück in seine Kärntner Heimat brachte.

Jahrzehnte als Nachwuchscoach

Wenig später wandte sich Wolfgang Gosnik einer Aufgabe zu, die für mehr als drei Jahrzehnte im Zentrum seines Wirkens stehen sollte, der Aus- und Weiterbildung junger Spielergenerationen. Im Sommer 1965 übernahm er die Leitung des Anfängertrainings in der ZSC-Organisation, über Jahre vermittelte er den sogenannten „Eisflöhen“ die Grundlagen des Eishockeysports. Ende der 1970er-Jahre wechselte der Klagenfurter zum zweiten Verein der Stadt, dem Grasshopper Club, auf der legendären Dolder-Kunsteisbahn, einer der größten offenen Kunsteisflächen Europas, widmete er sich weiterhin der Basisausbildung neuer Spielergenerationen. Sein damaliger Trainerkollege Adi Stahl erinnert sich heute „an einen bis ins hohe Alter sehr engagierten Übungsleiter, der sehr gut mit Kindern konnte.“ Mitte der 1980er-Jahre wurde das Duo durch Bruno Aegerter ergänzt, gemeinsam deckten die drei Coaches den Bereich von den Anfängern bis zur U13 ab und hatten dabei regen Zulauf zu verbuchen: „Binnen sechs Jahren wuchs die Anzahl der Nachwuchsspieler im Klub von 40 auf knapp 600, auch weil die Klubführung den Ausbau der Juniorenschiene großzügig unterstützte und forcierte“, berichtet Aegerter. Er ergänzt: „Wolfgang Gosnik kann als einer der Geburtshelfer der Zürcher Nachwuchseishockeys betrachtet werden, durch seine Hände gingen viele spätere Spitzen- und Nationalspieler.“. So hat etwa der aktuelle Schweizer Nationaltorhüter Leonardo Genoni seine ersten Gehversuche am Eis unter der Führung des Kärntners gewagt, auch bereits zurückgetretene Profis wie Eric Blum oder Matthias Bieber, beide mit WM- und Olympia-Teilnahmen dekoriert, gingen durch Gosniks Schule.

Seine Herkunft konnte und wollte der in die Schweiz ausgewanderte Ex-KAC-Spieler nie verleugnen: „Die Kinder und Jugendlichen, auch wir Trainerkollegen, fanden seine Sprache immer etwas lustig, denn er hat den für uns ungewohnten Kärntner Dialekt nie richtig abgelegt“, blickt Adi Stahl schmunzelnd zurück. Nach Klagenfurt, wo seine Mutter als einzige nahe Verwandte bereits drei Jahre nach seinem Umzug in das westliche Nachbarland verstorben war, kehrte Wolfgang Gosnik nie mehr dauerhaft zurück. Der passionierte Eishockeylehrer, dessen Laufbahn als Nachwuchstrainer gut zwei Jahrzehnte über seinen Pensionsantritt im Zivilberuf hinausragte, verstarb am 22. Oktober 1998 im 80. Lebensjahr in Zürich, wo er auch seine letzte Ruhestätte fand.

Die Konstellation in der diesjährigen Champions Hockey League, in der sein Heimatklub, der EC-KAC, seinen späteren Vereinen, Fribourg-Gottéron und den ZSC Lions, gegenüberstehen wird, bietet die Gelegenheit, sich an einen Menschen zu erinnern, dem in Klagenfurt jenes Eishockeyvirus eingepflanzt wurde, das ihn schließlich bis an sein Lebensende begleiten sollte. In die Geschichte des Klagenfurter Athletiksport-Clubs geht Wolfgang Gosnik als einer der wohl besten Spieler ein, denen nie der Gewinn eines österreichischen Meistertitels im rot-weißen Trikot vergönnt war.

 

Hannes Biedermann, Klagenfurt im September 2024